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»Von der ersten bis zur letzten Minute drangeblieben«

Vorschau. Künstler:innen prägen das Internationale Sommerfestival 2025 auf Kampnagelmit aufregenden (Musik-)Inszenierungen – von Jazz-Soul-Hip-Hop bis Pop-Klassik

Room to Dream“ hat der Regisseur David Lynch sein Memoir genannt. Unter diesem Motto steht auch das Internationale Sommerfestival auf Kampnagel vom 6. bis 24. August. „Wir öffnen einen Raum, in dem Träume nicht nur erlaubt, sondern dringend notwendig sind“, sagt der künstlerische Leiter András Siebold. Dabei begleiten ihn und sein Team neben neuen Gesichtern auch alte Bekannte.
Foto oben: Festivalchef András Siebold über die Regisseurin Florentina Holzinger: „Verglichen mit früheren Produktionen liefert sie mit A Year without Summer eine feinere Arbeit.“ © Nicole Marianna Wytyczak

Etwa Florentina Holzinger, die in diesem Jahr beim Internationalen Sommerfestival bereits ihre achte Inszenierung vorstellt. Eigentlich gilt sie als Skandalregisseurin, sie lässt ihre Tänzer:innen schon mal an Fleischerhaken hängen. Laut András Siebold kann die Österreicherin, die ab 2026 gemeinsam mit der Choreografin Marlene Monteiro Freitas die künstlerische Ausrichtung der Berliner Volksbühne mitverantworten wird, aber auch anders: „Verglichen mit früheren Produktionen liefert sie mit A Year without Summer eine feinere Arbeit.“ Diese lehnt sich an 1816 an, das sogenannte Jahr ohne Sommer, in dem ein Vulkanausbruch eine globale Klimakatastrophe verursachte, während die Schriftstellerin Mary Shelley die Figur Frankenstein erfand. Wenn Florentina Holzinger nun um Themen wie Alter und Sterben oder Endlichkeit und Unendlichkeit kreist, werden auch einige ältere Darsteller:innen auf der Bühne stehen.

Ein Blick ins Programmheft belegt: Es gibt etliche Aufführungen, die von Frauen verantwortet werden. Für die Eröffnungsveranstaltung Nôt, kreolisch für Nacht, zeichnet Marlene Monteiro Freitas verantwortlich. Sie nähert sich dem Geschichtenerzählen in der Tradition von „1001 Nacht“ an und vereint Tanz mit Livemusik zu einem Auftritt rund um Leben, Tod, Traum und Wirklichkeit. Ebenfalls eine beeindruckende Theatermacherin ist die Belgierin Miet Warlop. In Hamburg präsentiert sie eine Ode an die Fantasie und die Kunst mit sechs Performer:innen sowie 3.000 Metern feinstem Stoff. „Miet Warlop hat den Hèrmes-Chef überredet, ihr den Stoff zu schenken“, erzählt András Siebold.

Die Brasilianerin Carolina Bianchi entlarvt mit The Cadela Forca Trilogy: Chapter II – The ­Brotherhood patriarchalische Gewalt auf und hinter der Bühne. © Mayra Azzi

Ein weiterer Höhepunkt für ihn ist Carolina Bianchi. Mit The Cadela Forca Trilogy: Chapter II – The Brotherhood entlarvt die Brasilianerin patriarchalische Gewalt auf und hinter der Bühne. Mit dieser Arbeit knüpft sie an ihren Auftritt 2023 beim Sommerfestival an, damals nahm sie vor den Augen des Publikums K.o.-Tropfen zu sich. Ihr neues Werk dauert 220 Minuten. Der Gedanke, nach einer neunstündigen Bahnfahrt nach Wien so lange in einer Vorstellung sitzen zu müssen, erschien András Siebold nicht unbedingt reizvoll. Dennoch versichert er: „Ich bin von der ersten bis zur letzten Minute drangeblieben.“ Hinterher versuchte er sogar, bei Google mehr über einen der Protagonisten, den Theaterregisseur Klaus Haas, zu erfahren – ohne Erfolg, er existiert gar nicht: „Klaus Haas steht als Prototyp für den alten weißen Mann.“

Ein Gegenpol zu ihm ist Mackenzy Bergile, dessen Herkunftsländer Haiti und Frankreich sind. Der Autodidakt hat als Tänzer, Choreograf, Komponist, Autor, Model und Fotograf ziemlich viele verschiedene Facetten. In seinem Solo Autothérapie verwebt er Hip-Hop mit Jazz, Ballett oder traditionellen haitianischen Tänzen. „Er analysiert, wie sich Kolonialgeschichte in den Körper hineinschreibt und wie man mit Tanz damit umgehen kann“, resümiert András Siebold.

Erwartungsgemäß verweist er beim Pressetermin auf Kampnagel auch auf die Konzerte in der Elbphilharmonie. Rufus Wainwright gastiert dort an zwei Abenden mit seinem Dream Requiem – mit Orchester, zwei Chören, Solostimme plus Isabelle Huppert als Erzählerin. Weniger bombastisch wird der Auftritt der Aktivistin und Rapperin Noname im Großen Saal. Während sie Jazz, Soul und Hip-Hop vereinigt, nutzt sie ihren Sprechgesang, um ihrer schwarzen Identität Ausdruck zu verleihen. Nicht nur ihre Texte liefern den Beweis dafür, dass die Amerikanerin Literatur liebt. Sie nutzt ihren Noname Book Club, um Bücher von People of Color ins Zentrum zu rücken. Engagement, Talent, Leidenschaft: Diese Künstlerin bringt wirklich alles zusammen. Dagmar Leischow

Info Das Internationale Sommerfestival findet vom 6. bis 24. August auf Kampnagel statt, Karten und weitere Informationen unter www.kampnagel.de

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