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»Den Grasbrook wachküssen!«

Wettbewerb. Mit der Präsentation des Siegerentwurfs der neuen Moldauhafenbrücke auf dem Grasbrook gerät ­langsam auch die Bebauung des neuen Stadtteils neben der Veddel in den Blick 

Ein Oberbaudirektor hat hier und da auch Lust auf Spektakel“, sagte Franz-Josef Höing bei der Präsentation des Siegerentwurfs der neuen Moldauhafenbrücke auf dem Grasbrook, „doch es war auch hier die Frage, wo ich mich befinde und welche Bedeutung die Brücke im Konzert des gesamten Stadtteils hat. Eine spektakuläre Brücke hätte den Nord-West-Blick auf die Elbphilharmonie und die Stadtsilhouette mit der HafenCity verstellt. Und außerdem hat uns die Nachhaltigkeit des Entwurfs überzeugt, der deutlich geringere Materialeinsatz. Die feine Eleganz der Brücke und das Geizen mit Baumate­rial haben die Planer mit Bravour gelöst.“ Und Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, die die Brücke baut, ergänzt: „Man mus in einem neu entstehenden Stadtteil nicht mit jedem Bau architektonische ,Höhepunkte‘ inszenieren. Für mich hat dieser Siegerentwurf, die Schlichtheit der Moldauhafenbrücke, eine Eleganz, die für sich spricht. Sie lässt die urbane Umgebung wie auch das Wasser des Moldauhafens und der Elbe wirken. Es muss eben städtebaulich nicht immer bumm, bumm machen.“
Foto oben: Von der neuen Moldauhafenbrücke auf dem Grasbrook den Blick gen Nordwesten auf die HafenCity mit Elbphilharmonie und „Peking“ ­genießen. © Schüßler-Plan DKFS Architects

Die Moldauhafenbrücke ist, wie vor über 20 Jahren die Kibbelstegbrücke Am Sandtorkai/Großer Grasbrook im früheren Freihafen, das erste Bauvorhaben im neuen Stadtteil Grasbrook, das jetzt ein Gesicht bekommen und Gestalt angenommen hat. 

Die Stadtteilplaner, HCH-Chef Andreas Kleinau (l.) und Oberbaudirektor Franz-Josef Höing, freuen sich über den Sieger-Architektenentwurf Moldauhafenbrücke auf dem Grasbrook. © Reinhard Postelt

Der nördliche Teil des neuen Stadtentwicklungsgebiets Grasbrook, das sogenannte Moldauhafenquartier, bildet eine Halbinsel in der Norder­elbe und ist hauptsächlich von Wasser umgeben. Brücken als Verbindungswege spielen daher eine zentrale Rolle, sowohl für die innere als auch für die äußere Erschließung. Hierzu gehört auch die neue Moldauhafenbrücke, die das Moldauhafenquartier mit dem Hafentorquartier hochwassergeschützt verbindet und vorrangig auf den Fuß- und Radverkehr ausgelegt ist. Der von der HafenCity Hamburg GmbH im Einvernehmen mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen ausgelobte Gestaltungswettbewerb wurde jetzt entschieden. Als Preisträger gingen Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH aus Berlin mit DKFS Architects aus London hervor. Baubeginn für die Moldauhafenbrücke soll  2026 sein, die Kosten werden bei rund 11,7 Millionen Euro liegen. Der Baustart für die ersten von 6.000 Wohnungen auf dem Grasbrook soll 2027/28 sein. 

Die Moldauhafenbrücke ist 138 Meter lang und zwischen 18 und 22 Metern breit. Sie wird das Prager Ufer (Moldauhafenquartier) mit dem Melniker Ufer (Hafentorquartier) verbinden. Die hauptsächliche Nutzung ist der Fuß- und Radverkehr. Der Wettbewerbsentwurf legt daher sehr viel Wert auf eine hohe Aufenthaltsqualität durch ausladende Sitzmöbel, die in der Mitte der Brücke die Fahrbahn von den Fußwegen trennen (siehe Grafik unten) und ein Verweilen auf der Brücke erlauben. Von dort bieten sich weite Blicke bis zur HafenCity mit der Elbphilharmonie. 

Die Moldauhafenbrücke, hier im grafischen 3D-Querschnitt, zeigt die Fahrrad-, Fußgänger- und ­Aufenthaltsnutzung sowie die unterhalb geführten Versorgungsleitungen. © Schüßler-Plan DKFS Architects

Darüber hinaus ist die Brücke für den Busverkehr der Hamburger Hochbahn sowie für Rettungsfahrzeuge ausgelegt. Künftig könnten auch die autonom fahrenden HEAT-Busse die Brücke queren. Neben dem Verbinden der beiden Quartiere des Grasbrooks wird die Moldauhafenbrücke auch eine wichtige Funktion für das Hochwasserschutzkonzept des neuen Stadtteils übernehmen: Die Brücke ermöglicht eine hochwassergeschützte Anbindung an beide externe Erschließungen, die Sachsenbrücke im Südosten und den Stadtteileingang im Nordosten, in Form einer geschlossenen „Ringstraße“ über den Grasbrook Boulevard und den Hafen Boulevard.

Für den HCH-Chef Andreas Kleinau auch ein modernes urbanes Ausrufezeichen: „Die Moldauhafenbrücke ist eine passende Symbolik für Hamburgs neuen Stadtteil, der ganz im Zeichen der Mobilitätswende steht und neue Verbindungen schaffen wird, stadträumlich, physisch und sozial: zwischen der Hamburger Innenstadt und der Elbinsel, zwischen den beiden Stadtteilen Grasbrook und der Veddel, zwischen Stadt und Hafen. Die Moldauhafenbrücke ist ein wichtiger Auftakt für die Infrastrukturentwicklung des Grasbrooks. Überzeugend ist nicht nur der gestalterische Entwurf, sondern auch die konsequente Berücksichtigung einer möglichst klimaschonenden Brückenkonstruktion in Form eines ausdifferenzierten Querschnitts, der einen effizienten Materialeinsatz erlaubt.“ 

Der Siegerentwurf der Moldauhafenbrücke der Schüßler-Plan Ingenieursgesellschaft aus Berlin und der DKFS Architects aus London überzeugte die Jury mit seiner „feinen Eleganz, die nicht das Spektakuläre sucht“, so Oberbaudirektor Franz-Josef Höing bei der Präsentation auf dem schon meterhoch aufgeschütteten Warftgelände des künftigen Grasbrook. © Schüßler-Plan DKFS Architects

Für Prof. Dipl.-Ing. Dirk Krolikowski von DKFS Architects war sie eine Herausforderung an die Einfachheit und die Nachhaltigkeit: „Im historisch tschechischen Moldauhafen soll die Moldauhafenbrücke zugleich ein modernes Bauwerk mit hohem Anspruch an Gestaltung und Referenz an die vergangene Industrielandschaft mit unverwechselbarem Charakter sein. Die neue Brücke ist ein nachhaltiges Bauwerk, das seine markante Form aus einfachen konstruktiven Prinzipien entwickelt. Das direkte Verhältnis zwischen robusten Prinzipien und markanter Form, effizienter Materialverteilung und unverwechselbarer Eleganz verleiht dem Bauwerk dabei eine hanseatische Anmutung.“ 

Mitten in Hamburg entsteht der Grasbrook als neuer grüner Stadtteil am Wasser. Er schafft Wohnraum für etwa 6.000 Menschen sowie circa 16.000 Arbeitsplätze. Gegenüber der Innenstadt und direkt neben dem Hafen bietet der Grasbrook die einmalige Chance, ein Stück Zukunft zu bauen und dabei den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen – vom Klima- und Ressourcenschutz über den sozialen Zusammenhalt bis hin zu neuen Arbeitswelten. 

Das Moldauhafenquartier liegt auf einer Halbinsel zwischen Elbe und Moldauhafen. In direkter Nachbarschaft zur Veddel bildet es das „Wohnquartier“ im neuen Stadtteil. Mit Läden, Cafés, Dienstleistungen, Kultur­einrichtungen, sozialer Infrastruktur sowie Sportangeboten wird es einen lebendigen und urbanen Charakter erhalten. Gleichzeitig ist das Quartier von abwechslungsreichen großen Grünflächen, Plätzen und Wasserlagen geprägt. Kurz vor der prominenten Landspitze des „Veddelhöfts“ ganz im Westen des Moldauhafenquartiers wird das Deutsche Hafenmuseum mit der Viermastbark „Peking“ liegen. Im Bereich der Museumsbastion schafft die neue Moldauhafenbrücke die Verbindung zum südlich gelegenen Hafentorquartier.

In zentraler Lage entsteht im Hafentorquartier unmittelbar neben dem weiterhin für den klassischen Umschlagbetrieb genutzten Terminal O’Swaldkai ein zukunftsfähiger Gewerbestandort an der Schnittstelle von Stadt und Hafen, exzellent vernetzt und mit vielfältigen Gebäudetypologien für Forschung und Entwicklung, digitale Unternehmen, Dienstleistungen und urbane Produktion. Die meisten der angestrebten 16.000 Arbeitsplätze auf dem Grasbrook werden im Hafentorquartier entstehen. 

„Helfen Sie mit, den neuen Stadtteil Grasbrook aus urbaner Sicht wachzuküssen“, rief Stadtteilplaner und Brückenbauer Andreas Kleinau am Ende seiner Rede den Medienvertretern zu – immer noch euphorisiert von der ersten Objektpräsentation des neuen Stadtteils in der endlosen Sandwüste der hochwassersicheren Warft-Aufschüttung. Und wenn man bedenkt, wie weiland die Kibbelstegbrücke wie ein prophetisches Solo-Mahnmal mit dem leeren Kaispeicher A, auf dem heute die Elbphilharmonie thront, die neue HafenCity angekündigt hat, darf man hoffen. Dass der Brückenbau erst 2026 und der Wohnungbau erst 2027 auf dem Grasbrokk beginnen wird, dämpft die Euphorie – und ist zugleich motivierend. Denn immer mehr Bauprojekte in Hamburg und Deutschland werden angesichts der dramatisch gestiegenen Bau- und Materialkosten verschoben oder sogar abgesagt. Insofern ist der Grasbrook das hoffnungsvolle Zeichen einer weiter wachsenden Stadt. Mit dem Startschuss für die Moldauhafenbrücke. Wolfgang Timpe

Info Mehr Informatonen zum neuen Stadtteil Grasbrook unter www.grasbrook.de

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