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»Klassik zu jedem bringen«

Event Starpianist Lang Lang tritt am 7. Juni 2023 in der Elbphilharmonie auf. HCZ-Autorin Dagmar Leischow traf ihn jetzt zur Präsention seines Albums „The Disney Book“

Neues Lang-Lang-Album „The Disney Book“. © Deutsche Grammophon

Vor dem Hôtel de Ville in Paris hat sich eine Schlange gebildet. Nicht etwa Touristen warten auf Einlass, sondern Journalisten und Plattenfirmenmitarbeiter aus aller Welt. Denn der Pianist Lang Lang wird im Rathaus einige Stücke seines Albums „Lang Lang: The Disney Book“ zum ersten Mal live präsentieren. Im prächtigen Salon des Arcades mit den imposanten Goldbögen, den beeindruckenden Deckengemälden und den Kronleuchtern aus Kristall. Wenn man aus einem der Fenster schaut, sieht man die Seine.
Foto oben: Starpianist, Vater und Stiftungsgründer Lang Lang: „Erfolgreich zu sein“, grübelt Lang Lang, „ist nicht so einfach. Erfolgreich zu bleiben ist noch schwieriger.“ © Simon Webb

Diesen pittoresken Ausblick kann Lang Lang allerdings gar nicht genießen. Während er in die Tasten des Flügels greift, stehen ihm Schweißperlen auf der Stirn. Kein Wunder: Trotz der Hitze trägt er einen Anzug. Das hält den 1982 in der chinesischen Stadt Shenyang geborenen Musiker aber nicht davon ab, immer weiter zu spielen. Er möchte auf jeden Fall noch „It’s a Small World“ interpretieren. Schließlich hörte er diese Komposition der Sherman-Brüder, als er mit 13 zum ersten Mal Disneyland in Tokio besuchte: „Diese Melodie blieb mir danach lange im Ohr.“

Wenn Lang Lang solche Geschichten erzählt, merkt man: Er ist nicht nur mit Ernsthaftigkeit bei der Sache, sondern mit geradezu kindlicher Freude. Genau wie im Video-Interview zwei Tage zuvor. In seiner Hotelsuite in Berlin hat er ein Klavier vor sich, auf dem er ständig einen Auszug aus einem Werk spielt. Zum Beispiel „Can You Feel the Love Tonight“ aus „König der Löwen“. Diesen Popsong verwandelt der 40-Jährige in eine Fassung, die sich an Rachmaninow anlehnt. „Baby Mine“ aus „Dumbo“ erinnert dagegen an Debussy. „Wir lassen Disney-Melodien wie Chopin, Liszt oder Horowitz klingen“, sagt Lang Lang. „Auf diese Weise haben wir sie in klassische Musik verwandelt.“

Während die Transkriptionen verfasst wurden, kriegte er Unterstützung von verschiedenen Komponisten und Arrangeuren – unter ihnen Natalie Tanenbaum, David Hamilton oder Randy Kerber. Lang Langs Frau, die deutsch-koreanische Pianistin Gina Alice, stand ihrem Mann ebenfalls zur Seite – aber nicht am Klavier. Als Sängerin überrascht sie bei „Wenn ein Stern aus finst’rer Nacht“ aus „Pinocchio“. „Gina schreibt auch eigene Lieder“, gibt Lang Lang preis. „Wer weiß, vielleicht wird sie in Zukunft sogar einige ihrer Songs veröffentlichen.“

Lang Lang macht immer wieder mit spektakulären Events aus sich aufmerksam. Er trat zum Beispiel mit Metallica bei den Grammy Awards auf oder spielte beim diamantenen Thronjubiläum der Queen. © Simon Webb

Derzeit konzentriert sie sich jedoch vor allem auf ihre Mutterrolle. Mit Lang Lang, den Gina Alice 2019 heiratete, hat sie einen 18 Monate alten Sohn. Er werde zweisprachig erzogen, erzählt Lang Lang: „Ich spreche Chinesisch mit ihm, Gina bringt ihm Deutsch bei.“ Von seinen Eltern hat er die Liebe zur Musik geerbt, klar. Vor dem Einschlafen spielen sie ihm gern ein Gute-Nacht-Lied am Klavier vor – mal etwas aus dem Klassik-Kanon, mal einen Disney-Song: „Unser Sohn liebt ,Drei kleine Schweinchen‘, Mozart begeistert ihn im Moment aber noch ein bisschen mehr.“

Musik ist nicht das Einzige, an das Lang Lang seinen Sprössling heranführt. Sobald der Kleine etwas älter ist, will er ihm das Tischtennisspielen beibringen. Schon jetzt kicken die beiden ab und zu: „Mein Sohn mag Fußball. Es bringt ihm Spaß, gegen einen Ball zu treten.“ Solche Momente möchte Lang Lang nicht missen. Darum versucht er, möglichst oft bei seiner Familie zu sein. Während seiner US-Tour sind seine Frau und sein Sohn in Los Angeles, dort besucht er sie häufig. Ist er in Europa unterwegs, dann warten sie in Paris auf ihn. In Asien ist Shanghai ihre Basis.

Obwohl alles ziemlich gut organisiert ist, erscheint es Lang Lang nicht so leicht, seinen sämtlichen Interessen gerecht zu werden: „Für mich ist es eine Herausforderung, die richtige Work-Life-Balance zu finden.“ Einerseits fordern ihn seine Auftritte, auf der anderen Seite will er mehr Zeit mit seinem Kind verbringen. Ohne die Lang Lang Foundation zu vernachlässigen: „Seit der Geburt meines Sohnes habe ich das Gefühl, eine noch größere Verantwortung für junge Menschen zu tragen. Mit meiner Stiftung will ich ihre musikalische Bildung fördern.“

Sein neues Album soll ebenso seinen Teil dazu beitragen, nach dem „Piano Book“ von 2019, für das Lang Lang Hits der Klassik von Beethovens „Für Elise“ bis zu Debussys „Claire de Lune“ aufnahm. Im Hinterkopf hatte er schon damals das, was er auch mit seiner Disney-Einspielung bewirken will – diejenigen, die mit Bach oder Brahms nichts anfangen können, an klassische Musik heranzuführen: „Meine Mission ist es, Klassik zu jedem zu bringen.“ Ganz falsch scheint er damit nicht zu liegen, sein „Piano Book“ tummelte sich sogar in den Top Ten der Popcharts. 

Parallel dazu macht er immer wieder mit spektakulären Events aus sich aufmerksam. Er trat zum Beispiel mit Metallica bei den Grammy Awards auf oder spielte beim diamantenen Thronjubiläum der Queen. „Erfolgreich zu sein“, grübelt Lang Lang, „ist nicht so einfach. Erfolgreich zu bleiben ist noch schwieriger.“ Dagmar Leischow

INFO

Lang Lang tritt am Mittwoch, 7. Juni 2023, 20 Uhr in der Elbphilharmonie auf. Weitere Informationen unter: www.elbphilharmonie.de

Elbphilharmonie-Tipps der HafenCity Zeitung für den Oktober:

• Rebekka Bakken:   8. Oktober, 20.30 Uhr, Kleiner Saal

• Vivi Vassileva: Schlagwerk, 10. Oktober, 19.30 Uhr, Kleiner Saal.

• Bugge Wesseltoft & Henrik Schwarz: „Duo II“, 16. Oktober, 20 Uhr, Großer Saal. 

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